Gewalt gegen Frauen bedeutet immer eine Gefährdung des Kindeswohls. [2]
Kinder haben ein Recht auf eine gewaltfreie Erziehung. Sie sind auf ihrem Lebensweg auf Fürsorge und Begleitung durch Erwachsene angewiesen. Kinder sind daher nie nur Zeug*innen der Gewalt. Sie sind immer auch Betroffene.
Mütter, die mit ihren Kindern in einem Frauenhaus leben, haben aus der Gewalterfahrung heraus begründete Angst vor der Eskalation von Konflikten bei der potentiellen Ausübung des gemeinsamen Sorgerechts und der Umgänge mit dem Vater. In der Trennungsphase ist für die Frauen die Gefahr, weitere und massive Gewalt durch den Ex- Partner zu erleben, sehr groß.
Vor diesem Hintergrund muss vor einer gerichtlichen Entscheidung zum Umgangs- oder Sorgerecht äußerst sorgfältig geprüft werden, ob und in welchem Rahmen gewalttätige Männer, die Väter sind, überhaupt in der Lage sind, liebevolle und fürsorgliche Erziehungsverantwortung übernehmen zu können.
Dabei muss es darum gehen, den Bedürfnissen des Kindes gerecht zu werden. Gleichzeitig muss der Schutz vor weiteren Übergriffen für Mutter und Kind wirksam sichergestellt werden. Viele gewalttätige Väter üben über den Kontakt zu den Kindern weiterhin Druck auf „ihre“ Frauen und ihre Kinder aus. Diese Einflussnahme durch die Väter belastet die Kinder massiv.
Die oben genannten Defizite sind bekannt und erfordern endlich ein konsequentes, nachhaltiges politisches Handeln.
Der Schutz von Frauen und Kindern, die sich für ein Leben ohne Gewalt entscheiden, braucht klare und eindeutige gesetzliche Regelungen im materiellen Recht und im Verfahrensrecht unter Bezugnahme der Istanbul-Konvention (Artikel 31), sowie der UN-Kinderrechtskonvention.
Unsere Kernforderungen sind:[3]
- In Fällen „Häuslicher Gewalt“ in der Regel das Umgangsrecht auszuschließen, alternativ die Umgänge begleiten zu lassen, fallweise auch dauerhaft oder durch Auflagen (z.B. Täterkursteilnahme) zu beschränken. Dies soll explizit im Gesetzestext festgeschrieben werden. In den Reformvorhaben zum Sorge- und Umgangsrecht darf daher der Umgang mit der gewaltausübenden Person nicht höher bewertet werden als der Schutz und die Sicherheit des Kindes.
- Bei Anordnungen nach dem Gewaltschutzgesetz das Umgangsrecht für die Dauer der Anordnung auszuschließen sowie die Umgänge nach Beendigung der Anordnung so lange weiter zu begrenzen, bis die gewaltbetroffene Frau ihr Trauma verarbeitet hat und stabil ist.
- Alle am Familienrechtsverfahren beteiligte Fachkräfte überprüfbar zu verpflichten, sich zu den Themen „Häusliche Gewalt“, die zugehörige Psychotraumatologie, Langzeitfolgen und Gefahren von Retraumatisierung, psychische Gewalt und Kindeswohlgefährdung fortzubilden.
Mannheim,__________ , 25.03.2021
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Pressekontakt: Britta Schlichting / Sylvia Haller
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Email: info(at)zif-frauenhaeuser.de
[1] Siehe Nothafft, Susanne 2009: Kinder sind keine Inseln, Zur Synchronisation des Gewaltschutzes im Familiensystem, 7. Kinderschutzforum Köln, in Die Kinderschutzzentren (Hrsg.): Die Jugend(hilfe) von heute, Helfen mit Risiko, Köln, S. 283-306.
[2] Kindler, Heinz 2005: Auswirkungen von häuslicher Gewalt auf die psychosoziale Entwicklung von Kindern, in: Familie, Partnerschaft und Recht, 11.Jg, Heft 1 u.2, S. 16-19
[3] Vgl. dazu auch ausführlich im Alternativbericht des Bündnis Istanbul- Konvention 2021, S. 105 (www.buendnis.istanbul-konvention.de)